Stoppt die Vorratsdatenspeicherung! Jetzt klicken & handeln!Willst du auch bei der Aktion teilnehmen? Hier findest du alle relevanten Infos und Materialien:

21.7.06

Kurz ein Link

Letzter Teil (?) der Telepolis-Artikelreihe zu ALG2/HartzIV

14.7.06

Konsum ist die erste Bürgerpflicht

Vom aktuellen Zustand mal ganz abgesehen, in dem das zweifelsfrei auch schon eine wichtige Rolle spielt, Geiz für geil zu halten und das vermeintlich billige Konsumgut dann aber auch hemmungslos zu verkonsumieren.

Etliche Modelle für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) sehen zur Finanzierung den Konsum vor, bzw. eine Konsumsteuer, also in der praktischen Durchführung dann die Mehrwertsteuer. Im Ausgleich dazu sollen die Verkäufer der konsumierbaren Güter dann übrigens auch so nett sein, die Entlastungen durch den Wegfall aller anderen Steuern (denn das ist gleichzeitig auch geplant, zumal im Modell von DM-Chef Werner) auch an den Preis der Güter weiterzugeben. Auch dieses wäre diskutabel, aber zurück zur konsumbesteuerten Finanzierung.

Ein gewisser Bodensatz von Konsum kann wohl als gegeben angenommen werden, da er zur Lebens(er)haltung unabdingbar ist. Um den gesamten staatlichen Überbau und ein BGE für alle zu finanzieren, werden Konsumsteuern aus dem Lebensnotwendigen spärlich ausreichen (auch wenn ich mir die Recherche und überschlagsmäßige Berechnung spare, halte ich die Behauptung eher für schlüssig).

Damit also das System nach seiner Einführung nicht sofort wieder zusammenbricht, wird Konsum zur ersten Bürgerpflicht, denn nur durch Konsum finanziert er sowohl sein eigenes BGE als auch den Rest des Staatswesens. Werner (scheint eine Kritik an seinem Konzept zu werden) postuliert für das BGE auch, dass ja keiner mehr groß sparen muss für Altersvorsorge oder schlechte Zeiten, denn es gibt ja das BGE - da freut sich natürlich auch der Verkäufer, wenn das Geld wieder in Fluss kommt und keiner mehr seinen Sparstrumpf füttert.

Aber was bedeutet die Konsumpflicht eigentlich?
Egal ob nur vom BGE gelebt wird oder noch anderweitig zusätzliches Geld erwirtschaftet wird, größere Reserven lohnen sich nicht nur nicht, sie gefährden auch den Bestand des Systems.
Also: Kaufen, kaufen, kaufen.

Eine gewisse Menge Geld wird, wie schon bemerkt, durch die Lebens(er)haltung verbraucht. Darüberhinaus kann man sich, als wohlerzogener Konsument, sicher bis auf weiteres einiges vorstellen, was man sich schon immer kaufen wollte. Doch ist der Zeitpunkt absehbar, wo man alles hat (oder wahlweise nichts mehr unterbringen kann), ein Gipfel erreicht ist.

Da nun aber dauerhaft Nicht-Kaufen auch nicht geht, was wird da passieren? Es wird weggeschmissen werden müssen, entweder weil es überhaupt kaputt ist, oder irgendwelchen Standards nicht mehr genügt. Wo die Tage einer dauerhaften Anschaffung ohnehin schon lange vorbei sind, wird sie so endgültig verunmöglicht. Man wird die Leute schon irgendwie dazu bringen, sich einen neuen Fernseher anzuschaffen: Entweder der alte gibt nach 25 Monaten termingerecht außerhalb der Garantie den Geist auf, oder man führt einen neuen super-duper-hyper-Standard (und außerdem so cool, dass keiner dran vorbeikommt) ein, den das alte Gerät natürlich nicht mehr beherrscht. Das Beispiel ist fast beliebig transferierbar.

Und so liegt dann im Schatten des Konsumenten- und Verkäufer-Wunderlands mit BGE ein Müllberg von Ausrangiertem und vermutlich auch noch die Baracken, in denen die vegetieren, die anderswo ohne BGE den billigen Schrott zusammengesetzt haben.

Salvatorische Klausel:
Die Idee eines BGE an sich halte ich für sehr positiv. Allerdings sollte man noch sehr sorgfältig die Nebeneffekte und Folgen diskutieren, und dabei auch bedenken, dass keiner auf einer Insel lebt.

13.7.06

Verdächtig

Telepolis setzt die Artikelreihe fort.

Die Möglichkeiten der umgekehrten Beweislast muss man sich mal ganz schonungslos klarmachen. Im Zuge der Gleichberechtigung bzw. Gleichbehandlung auch gleichgeschlechtlicher Partnerschaften muss bei umgekehrter Beweislast also bei allen Zusammenlebenden von einer eäG ausgegangen werden.
Die Lebensform Wohngemeinschaft wird damit faktisch schon mal abgeschafft.

Originell wird es da, wo man sich ganz hypothetisch ausmalt, was in 3er oder 4er Wohngemeinschaften alles an Unterstellungen auftauchen kann. Die ménage à trois oder quattre ist dabei noch fast harmlos. Ein verzweifeltes Aufstöhnen befürchtete letztens, dann würde einem glatt noch Professionalität unterstellt und man müsste ein Gewerbe anmelden. Mit Abschaffung der Ich-AG bietet das nicht einmal mehr Perspektiven.

Zuguterletzt, und das ist nicht mal mehr neu geschweigedenn irgendwo unbemerkt geblieben, hat aber nichts von seiner Tragweite verloren:
Weder das Vorhandensein noch das Nichtvorhandensein einer eäG sind irgendwie beweisbar. Mit der Beweislastumkehr, die ja auch eine Abschaffung der Unschuldsvermutung darstellt, wurde der schwarze Peter, mit einer nicht beweisbaren Unterstellung dazustehen, nur von den Ämtern, pardon, Agenturen zu den Leistungsempfängern verschoben. Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.

12.7.06

Verliebt in den Widerstand?

Die SZ gibt sich zum Thema Studiengebühren zwiegespalten. Zuerst kommt der Darmstädter Professor Dr. Michael Hartmann zu Wort - im Politikteil (28.6.).
Kurz drauf fand sich im Fuilleton (!?!) unter dem Titel "Die bigotte Revolte - Warum sich Frankfurter Studenten mit Polizisten prügeln" etwas ganz anderes (8.7.), das ich beim besten Willen nicht unkommentiert lassen kann.

Da wird einer nicht näher bezeichneten, wohl aber eingangs kunstgerecht
diffamierten Gruppe ("der wilde Trupp") die Verworrenheit und mehr noch, die glatte kausale Fehlerhaftigkeit ihrer Argumente vorgeworfen. Dabei wird die Hilflosigkeit, die den Protesten zugrunde liegt, gar nicht erst wahrgenommen:
Dass nämlich nie eine saubere Diskussion über Studiengebühren überhaupt stattgefunden hat, die über die Anforderungen eines nicht näher bestimmten Marktes hinauszuschauen im Stande war.

In der Kürze der Zusammenfassung ist sogar stringent, dass man nicht einerseits die Verschacherung der Bildung als Ware anprangern und gleichzeitig für Bildung als Standortvorteil, gar Rohstoff argumentieren kann. Dass diese krude Argumentation jedoch lediglich die Reaktion auf eine derart geführte Debatte ist, die jedes anders geartete Argument nicht gelten lässt und die in logischer Konsequenz dazu führt, Bildung durch Ausbildung zu ersetzen, bleibt außen vor.

Gleichermaßen bleibt die immanente Schwäche des Arguments der Befürworter dem Kommentator im Dunkeln, wenn er vorwirft, aus dem "geschuldeten" Studium werde auch noch ein erheblicher Gehaltsanspruch abgeleitet. Dies gerade ist ja der Hohn der Argumentation, dass nämlich das Abzahlen eines Studienkredites damit schmackhaft gemacht werden soll, dass man nach Abschluss ja gut verdient. Gleichzeitig setzt die "Grenze" der Rückzahlung aber kurz oberhalb der Armutsgrenze an und eine Verschiebung nach oben wird abgelehnt: Dann würden zuviele potentiell einnehmbare Gebühren nicht eingenommen werden können. Verdient man am Ende mit abgeschlossenem Studium ohnehin nicht mehr automatisch gut?

Umso angebrachter wäre eine Finanzierungsmethode, die tatsächlich nur die Gutverdiener zur Kasse bittet, und wie einfach wäre diese ohne neu aufzubauenden Verwaltungsapparat durch Besteuerung zu erreichen!

Wenig später verwickelt sich der Autor dann gänzlich in seiner eigenen Polemik.
Vorneherum prangert er an, die Studenten "drohten" damit, die
Nicht-Abiturienten künftig auf die Hilfsarbeiterplätze zu verweisen, kurz drauf jedoch droht er selbst damit, dass die Studenten und ihre Bildung keiner mehr braucht, was diese bloss nicht in der Lage seien zu sehen.

Das alles kann, so scheint es dem Autor schlüssig, nur daran liegen, dass die Protestierer in den Widerstand verliebt seien. Zugegeben: Spätestens seit dem Erfolg der französischen Demonstrationen gegen das CFE hat Protest wieder an Sexappeal gewonnen. Vorangegangen und begleitend sind jedoch allzu viele ernstgemeinte Ansätze zur Diskussion, die nie ergebnisoffen hat sein dürfen und daher - zurecht - abgelehnt wurde. Doch über die Faust in der Tasche lässt sich kaum schimpfen, über den randalierenden Mob hingegen vortrefflich.


Nicht unveröffentlicht bleiben darf auch die Ergänzung meines Kommentars von freundlicher Hand des Meisters:

Die Argumente von STEINFELD scheinen mir beliebter Studenten-Talk: Dreh’ das Argument einfach rum, zeige den anderen mal, was sie falsch machen und keckere ein bißchen drüber. Aber: Die Entwicklung der Argumente hätte er diskurstheoretisch und in »historischer« Abfolge betrachten müssen. Denn für sich genommen (»aus dem Zusammenhang gerissen«) erscheinen die Argumente natürlich krude.

Sie sind deshalb aber noch nicht falsch, da tatsächlich Leute Studiengebühren einführen, die aus ihrer eigenen Vita argumentieren: »Studium lohnt sich; man bekommt danach gut bezahlte Posten« und »warum soll einer, der hinterher die dicke Kohle abgreift, nicht eine Gebühr für die Eintrittskarte dazu zahlen? Zumal sie gemessen am späteren Gewinn lächerlich klein ist!« - Genau diese Leute profitierten von einem gebührenfreien Studium und verdienen die dicke Kohle, haben aber den inzwischen eingetretenen Paradigmenwechsel: Studium »lohnt« sich oft gar nicht mehr, es ist eher die Möglichkeit, einen der wenigen halbwegs bezahlten Jobs (nicht Posten, nicht Ämter!) zu bekommen. Denn ohne sind die Einstiegsmöglichkeiten ins Berufsleben ohnehin mau (nicht lau... okay...).

Ich denke, dass nicht die Studenten die Haupt- und Realschüler »als Geiseln« nehmen, sondern die Gesellschaft dies längst schon entschieden hat. Wer früher einen »anständigen« Hauptschulabschluss hatte, der konnte auch auf »anständige Arbeit« hoffen. Heute wird man mit diesem (inzwischen pseudo-abiturientierten) Abschluss weder Friseurin noch Bäcker, nicht Mechaniker noch Schreiner. Es gibt nämlich einfach keine Stellenausschreibungen mehr für Hauptschüler. Ähnlich verhält es sich bei Realschülern. Büro- und Verwaltungsjobs, für die dieser Schulzweig einst geschaffen wurde (»Realgymnasium«!) werden heute kaum noch unter Abitur vergeben.

Dass die Demo-Studies dieses Argument also bringen, ist einfach nur ein Anschluss-Argument an die ohnehin bereits laufende Diskussion, da man ja nicht einfach »ins Blaue« oder »akademisch« demonstrieren kann.

Daher auch der »patriotische« Strang: Wie kann man dem »Herrscher« kommen, als mit dem Argument, dass ihn die von den Studenten gewünschte Regelung auch nütze? Denn er sitzt schließlich am Hebel, und niemand sonst. Also muss man »ihm« den gewünschten Zustand schmackhaft machen, ebenso wie dem »neutralen« Publikum, das staunend am Straßenrand steht und sehr wohl glaubt, dass Studiengebühren was gutes seien, da (wenigstens hier schon) Leute zur Kasse gebeten würden, die später sicher »die dicke Kohle« abgreifen. Denn das hat »der Herrscher«, die Union in Hessen längst geschafft: Das alte Schmarotzer-Bild der Studenten, die später noch parasitärer auch die Managersessel stürmten, wiederauferstehen zu lassen.

Insofern kämpfen die Studenten gegen einen fast umgedrehten »Klassenkampf«, dessen Takt komischerweise von der Landesregierung vorgegeben wird...

3.7.06

Stolz

Kam mir in einem diese unsäglichen Internetforen doch mal wieder die Frage unter: "Dürfen Deutsche einen Nationalstolz haben?", aufgehängt an der Aktion einer PDS-Abgeordneten, gegen die Flaggenflut zur WM vorzugehen.

Diese Aktion und die kräftig bejahenden Antworten in dem erwähnten Forum mal ganz außen vor gelassen, stellt sich mir eine ganz andere Frage: Was ist eigentlich dieser Nationalstolz, wahlweise auch Patriotsmus, und wie bringt man den auf?

Mir persönlich ist das ein komplettes Rätsel.

Es gab in der Geschichte der Welt einen Haufen wichtiger Menschen, die sind auch überall auf der Welt verteilt gewesen und haben überall auf der Welt verteilt gewirkt. Ein paar davon lebten und wirkten zufällig in dem selben Landstrich, in dem eine Einzelperson ebenso zufällig geborten wurde und lebt.
Die wichtigen Menschen und ihre Leistungen für die Menschen der Welt zu würdigen ist ja nun eins. Aber für die Zufälle, die den einen und den anderen in die selbe Gegend verschlagen haben, kann man sich doch keinen Stolz ableiten.

Dann hab ich in eben diesem Forum mal die selbe Frage wie oben gestellt. Ein Statement dazu enthielt: "Patriotismus ist das, worauf man sich berufen kann, wenn man zeigen will, was die eigene Nation leisten kann."
Das Stück mit der Nation ist ja jetzt das, was mich interessiert.
Die eigene also.
Meine eigene? Toll, ich hab eine Nation!
Eine Nation!
Aber, wie komm ich denn dazu? Will ich das eigentlich? So ein zufälliges Häufchen, völlig beliebig zusammengesetzt und mit einem Label versehen?
Und die Nation kann sogar was leisten!
Aber ist das denn wichtig, was die leisten kann? Muss da der Vergleich zu anderen Zufallsgruppen mit anderem Label gezogen werden?

Alle Welt spricht von Globalisierung, aber dann geht 's auf einmal wieder um Nationalstolz?
Da weiß doch keiner, wovon er überhaupt spricht.

Klar fühlt man sich mit dem ein oder anderen verbunden, hat möglicherweise sogar so etwas wie ein Heimatgefühl.
Aber das für ein Konstrukt in gedachten Grenzen anzunehmen, anstatt sich endlich mal bewusst zu machen, dass alle bloss Menschen sind, ist kurzsichtig, fast schon buchstäblich.