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26.12.09

Nochmal zwei Links

Zu Genese, Situation und (möglicher) Zukunft des Sozialstaats - je nach Verfassung auch geeignet, Depressionen auszulösen, also mit Bedacht genießen ...


Boris Groys in der Zeit


Fortsetzung davon beim Spiegelfechter



21.12.09

Was hält eigentlich

ein linker israelischer Jude von der uneingeschränkten Israelsolidarität der Antideutschen?


Kann man hier nachlesen (via).

19.12.09

Mal wieder ein kleiner Lesetipp

-> beim Spiegelfechter


Der Artikel ist schon schön, und bei vielen Kommentaren kann man sich wunderbar gruseln und dazwischen aufatmen, dass es auch noch denkende Menschen gibt.

7.12.09

Nur ein kleiner Linktipp

Meine persönliche politische Philosophie hab ich mir ja praktisch komplett selbst "erdacht", entsprechend fehlen mir bei Gegenrede die eingeschliffenen Floskeln, aber ich kann immerhin behaupten, dass das was ich sage (manchmal auch schreibe) mein persönlicher eigener Mist ist und nicht nachgeplappert.


Außerdem ist mir die Selbstzerfleischung der Linken zutiefst zuwider, was ja vor einiger Zeit mal in dem Stoßseufzer mündete: "Sperr 3 Linke in einen Raum, die gründen 8 Splittergruppen!" (hab ich auch irgendwo hier gleich verbloggt).


Trotzdem les ich gerne mal kreuz und quer durch die Anarchopedia, teils zum Gruseln, teils um noch Infohappen aufzuschnappen und manchmal für den Egostreichler, dass das, was ich so allein bei mir dachte, auch aufwändig herbeizitiert werden kann.

12.11.09

Regierungswohltaten weiterleiten, Missstände bekämpfen

Anne Roth hat eine ganz entzückende Idee. Nachdem die neue Regierung als eine der Wohltaten zum Start gleich mal das Kindergeld erhöhen will, Familien, die von HartzIV leben, davon aber schlichtweg gar nichts haben, weil das Kindergeld als Einkommen angerechnet und damit 1:1 wieder abgezogen wird, will Anne die Kindergelderhöhung an Einrichtungen Spenden, die Kinder von HartzIV-Familien unterstützen.


Schon in den ersten Kommentaren unter ihrem Blogbeitrag findet sich allerdings auch der berechtigte Einwand, mit der ganzen Wohltätigkeit werde die Missverteilung noch unterstützt - vieles, worum sich der Staat eigentlich hoheitlich kümmern sollte, wird inzwischen nur noch ehrenamtlich und von Spenden finanziert von Privatpersonen erledigt. Der Beispiele gibt es viele, die Tafeln sind eines der einleuchtendsten.


Der folgerichtige Ansatz ist also, beides zu verknüpfen, den Einkommenszuwachs weiterzugeben und gleichzeitig auf den anhaltenden Missstand aufmerksam, politische Arbeit zu machen.


Spread the word!

11.11.09

Meine kleine Presseschau

Heute mal drei Stück am Stück, für alles andere bin ich zu faul - Winterschlaf läßt grüßen.

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Im SPoN ist zu lesen, welche erfreulichen Reaktionen der Uni-Protest der Österreicher derzeit nach sich zieht - und was für reaktionäres Volk versucht, dagegenzuhalten. " Die Initiative 'Studieren statt Blockieren' fordert eine Auflösung der Besetzungen", heißt es da, selbst wenn es sich lt. dem Bericht nur um eine Onlineinitiative handelt. Da frag ich mich doch, was treibt dieses Rudel konservativer junger Hunde an. Die sind doch nicht etwa stolz darauf, fürs Studieren zahlen zu müssen und sich damit vom mittellosen Pöbel abheben zu können? Oder doch? Oder was für Zeug haben die sonst geraucht, dass sie nicht erkennen, wohin die Reise gehen soll und wogegen sich die Besetzungen einiger weniger Hörsäle richtet? Erschütternd.

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Fefe berichtet von einer Statistik, die letztlich jeder so erwaret hat - dort, wo es nicht kriminalisiert wird, wird am Wenigsten gekifft: Nämlich in den Niederlanden.  Dazu passt das Fundstück aus der Netzeitung, wonach der britische Drogenbeauftragte David Nutt eine - imho - fundierte respektive sinnvolle Position zu Drogen bezogen hat und das mit dem Verlust seines Posten büßt,  was unter Sachkundigen auch zu Unverständnis geführt hat. Die schönste Spitze war wohl, "Das Gremium solle lediglich die Politik der Regierung absegnen", wie es ein weiteres Mitglied des britischen Drogenberatungsgremiums, Les King, formulierte, der aus Protest gegen die Entlassung Nutts ebenfalls von seinem Amt zurücktrat.

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Am meisten echauffiert hab ich mich aber über den Beitrag bei trueten.  Dabei fand ich den an sich ja noch richtig gut, gegen das Unrechts- und Unfreiheitskonstrukt HartzIV kann man gar nicht genug anschreiben.

ABER.

Im dritten Absatz stürzt der Beitrag dann zwischendurch komplett ab:

Aber was macht es mit ihnen? Zeit im Überfluss, mit der sie aber wegen der wirtschaftlichen starken Einschränkungen nichts anfangen können. Für die meisten ging das Gerüst Struktur verloren. Während der Erwerbsarbeit war der Tagesablauf durchstrukturiert. Morgens aufstehen, Frühstücken, zur Arbeit gehen, Mittagspause, Feierabend…, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr mit Ausnahme der Wochenenden und des Urlaubs dasselbe Ritual. Man hatte sich daran gewöhnt. Alles hatte seinen festen Gang, hatte seine Ordnung. Was erkennen wir daran? Dass eine gewisse Ordnung, eine Struktur im Leben sehr wichtig ist. Aber wie können wir lernen, uns diese Struktur im Erwerbslosenleben selbst zu geben? Uns selbst ein Gerüst zu geben, ist auch mit einem Höchstmaß an Disziplin verbunden. Diese müssen wir aber ganz neu erlernen. Ein Leben in der Erwerbslosigkeit und speziell in Hartz IV erfordert schon ein hohes Maß an Charakterstärke, um nicht unter zu gehen und sich nicht selbst gehen zu lassen. Diese Charakterstärke besitzen anfänglich nur die wenigsten und muss häufig ganz neu erlernt werden.
Das zäumt imho das Pferd von hinten auf. Nicht die nicht mehr existente aufgezwungene Tagesstruktur durch die Lohnarbeit ist der Kern des Problems, sondern die Unfähigkeit vieler, ihren Alltag ohne die Lohnarbeit mit Sinn zu erfüllen und quasi als Chance anzunehmen, wobei die Unfähigkeit auch medial nur forciert wird, was letztlich im Artikel auch richtig erkannt aber nicht auf diesen Aspekt angewandt wird. Der beklagte Strukturverlust klingt in meinen Ohren doch allzusehr nach dem Tenor derer, die ALG2-Empfänger schon allein deswegen in (Zwangs-)Maßnahmen stecken wollen, damit sie keinen verlotterten Alltag haben. Mir als bekennendem delta-t-ler stößt dabei allein schon der Zwang/Druck zur Tagesaktivität auf - alles was ich bislang anerkannt gut geleistet habe, ist in den frühren Morgenstunden zwischen 0 und 6 Uhr entstanden (nachweisbar anhand Benotung mit 1, von Kollegstufen- bis Diplomarbeit) -, und jene, die sich davon endlich frei machen könnten, sollen natürlich mit Entzug der Lebensgrundlage dazu gezwungen werden, sich weiterhin in den Trott der Arbeitskolonnen einzureihen, und sei es durch das 24. nutzlose Bewerbungstraining.

Vielleicht tu ich dem Beitrag ja auch Unrecht und es ist eigentlich das gemeint, was ich auch anprangere: Dass heutzutage gar nichts anderes mehr als möglich propagiert wird als ein Leben nach dem Diktat von Vorgesetzten und der Absturz in die "Strukturlosigkeit" von ALG2-Klienten letztlich nichts anderes ist, als ein Nischenthema vergangener Jahre, nämlich die Anleitung für Frischverrentete, wie man sich den Lebensabend sinnvoll mit Hobbies und Freizeitaktivitäten gestaltet (wenn nicht gleich durchstrukturiert).

Trotzdem leuchtet es mir nicht ein. Bekennend arbeitsscheu zieh ich die Endphase meines Studiums genüßlich in die Länge und hab abgesehen von wenigen Fixpunkten schlichtweg überhaupt keine Tagesstruktur. Meinem persönlichen Tagesrhythmus entspricht es nunmal, in den nächsten 2 Stunden schlafen zu gehen und gegen Mittag aufzustehen. Solang man mir das läßt, bin ich in meiner persönlichen Wachphase beliebig produktiv oder auch nicht, kommt vielleicht auch immer drauf an, was man drunter versteht. 

Letztlich ist doch das Kernproblem derer, die unter HartzIV zu leiden haben außer den unmenschlich beschränkten Mitteln - die ich auch gar nicht in Abrede stellen will, das ist ein echtes Problem und ich bin trotz allem noch naiv genug, dran zu glauben, dass das Verfassungsgericht ein harsches Urteil über die Regelsatzfestlegung fällen wird, auf dass man eine zu erwartende wiederum zu niedrig angesetzte Neuregelung der frischen Regierung gleich wieder vor den Kadi ziehen kann -, dass das Nichterwerbstätigsein mittlerweile mit einem medial vermittelten Tabu sondergleichen belegt ist, man darf das schier nicht mehr zugeben. Neben wirtschaftlichen und rechtlichen Hilfen sollte doch Hauptansinnen von Arbeitsloseneinrichtungen sein, zu vermitteln, dass es ein Leben außerhalb der Lohnsklaverei gibt, wenn es mir und einer Reihe anderer (die ich persönlich kenne, daher nicht an ihrer Einstellung zweifle) einleuchtet, kann es doch so abwegig nicht sein. Noch ein bißchen Revolution dazu, damit die Brosamen für diejenigen, die freiwillig oder nicht aus dem Gesamtbetrieb ausgegliedert sind, auch zum menschenwürdigen Leben ausreichen, und alles könnte gut sein.

8.11.09

HMMD

Während die Netzeitung den Weg alles halbwegs lesbaren geht,

*Schweigeminute*

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... hält der Grinser über Korrupts Statement hoffentlich für die nächsten 24h vor:

"irgendwelche Updatetools gegen den Y2K-Weltuntergang (sie haben funktioniert, die Welt steht noch, und sogar Internet gibts)"


19.10.09

Bloß nix ernsthaftes machen

Weder mit Worten, noch Taten, noch Nachrichten.

So kommt 's mir zumindest mal wieder vor.


Große Berichte über das Vorhaben, eine Alkoholverbot in Zügen einführen zu wollen. Find ich übel.

Angesichts der beschriebenen Extrema, die da teilweise zu beklagen sind - glauben die Leute die da vom Verbot faseln denn im Ernst, die Problemfahrgäste saufen sich erst im Zug an?

Oder dass diejenigen nüchterner werden könnten, wenn sie im Zug nicht nachtrinken?

Und überhaupt, ist denn die Naivität so groß, dass ausgerechnet der Teil der Passagiere, der die Züge in einen solchen Zustand bringt, dass man ihm zuliebe ein Alkoholkonsumverbot (da haben sie wenigstens mal an die richtige Vokabel gedacht) erlässt, sich friedlich und gerne daran halten wird?

Und nicht zuletzt, beinhaltet das dann auch ein Transportverbot für alkoholische Getränke, wenn auch davon gesprochen wird, man müsse dann darauf achten, dass keine alkoholischen Getränke mit in die Bahn gebracht werden - muss man dann seinen Kasten Bier wieder mit dem Auto heimfahren weil einen die Bahn nicht mitnimmt, man könnte ihn ja im Zug trinken?

Oh Herr, lass Hirn herabregnen.


Und vllt. auch gleich auf die Linke dazu. Nicht missverstehen, ich sympathisiere offen, und wenn ich rechtzeitig von der Aktion gewusst hätte, hätte ich auch bei den 100 Blogs für die Linke mitgemacht.

Aber der Anti-Reflex der anderen Parteien der Linke gegenüber ist ja so dermaßen groß, dass der Vorstoß von Gysi, Cannabisprodukte nach niederländischem Vorbild zu entkriminalisieren, einfach nur noch albern wird. Den Vorschlag in Ehren! Aber allein weil er von der Linke kommt, wird er schon abgeschmettert werden. 

Vielleicht sollte sich die Linke überlegen, nachdem die anderen Parteien sie eh nicht als politischen Partner akzeptieren, sich ganz der Subversion zuzuwenden und immer genau das Gegenteil von dem zu beantragen, was sie erreichen will. Aus lauter Anti-Reflex müßten die anderen Parteien eigentlich ganz fix genau das machen, das die Linke von ihnen will ... (hey man wird doch nochmal träumen dürfen)

10.10.09

Sanktionen wegbloggen - Blogger gegen Hartz-IV-Sanktionen


Eine Blogbewegung, wo ich mitmache. Wer hat da wen gefunden, die mich oder ich die ;-). Subjektiv mein "liebstes" Hassthema schlechthin, insofern kann ich gar nicht anders, als mich dem unterstützend anzuschließen, sei mein Beitrag auch noch so bescheiden.


Siehe dazu auch - subjektive Auswahl - :

* die entsprechende Bundestagspetition
* Spiegelfechter
* trueten.de

4.10.09

Oh mein Gott

Da les ich grad harmlos meine Feeds und stoße bei Ahne (und erwische die denkbar undankbarste Gelegenheit, ihn endlich mal zu verlinken, dabei vergöttere ich Ahne ... !) drüber, dass ausgerechnet der Schokoladen nach, wie ich nachlesen konnte, 19 Jahren ins Visier der Verwerter und Gewinnmaximierer geraten ist -.- es ist zum Knochen kotzen.


Der letzte Blogeintrag im schokiBlog ist schon wieder ein paar Tage her, ich kann nur hoffen, dass die nicht aufgeben und sich sowas wie das Mietshäusersyndikat ins Boot geholt haben ...

Ich lagge

Drum schreib ich auch jetzt erst meinen enttäuschten kleinen Senf zur Wahl vor einer Woche nieder.


Anders als korrupt kann ich mich nicht so recht ... bullshit, nicht im Geringsten über das Ergebnis freuen.


a) die Piraten sind nicht drin. War irgendwie auch klar, diverse Leute werden die Überlegung zum Worst-Case-Optimieren gemacht haben und dadurch auch mit zur Self-Fullfilling-Prophecy beigetraten haben, aber however, knapp 2% ist zwar aus dem Stand ganz nett, berührt aber auch niemanden.

b) schwarz-gelb hat 's geschafft. Schwarz-Gelb! Das tragen in der Natur die Insekten um zu signalisieren: Ich bin giftig, Fressfeind go home. Nur das deutsche Dummvolk ist mal wieder idiotisch genug, ins Messer bzw. in den Stachel zu rennen.

Das schlimmste Ergebnis der Wahl, das ich mir ausmalen konnte, ist wahr geworden, und hat mir auf Tage hinaus die Laune versaut. Da kann ich nichts Positives erwarten, die letzten Illusionen auf das Gute in der Politik wurden spätestens bei der letzten Mehrwertsteuererhöhung vernichtet, und nichts weniger abartiges erwarte ich von der künftigen Koalition. Für mein Lieblings-Reizthema Hartz IV schwant mir genauso Übles wie für die Wirtschafts- und Innenpolitik, ich rechne mehr als bei anderen denkbaren Kombinationen mit einer erheblichen Zunahme der Repressionen in allen Bereichen. 

(Na schauen wir in 4 Jahren, was dann passiert ist.)


c) - und es ist eigentlich verwunderlich, dass mich das noch zu einigen Silben hinreißt, aber meine Naivität scheint doch noch größer als meine Misanthropie - die Verräterpartei verkennt mal so völlig, was sie die Stimmen gekostet hat und versucht zumindest im ersten Reflex sich noch weiter in die angenommene Mitte zu schieben, die Mitte, die früher mal der CD/SU noch zu weit rechts war (vgl. den ausnahmsweise echt lesenswerten Artikel Krise des Konservativen beim SPon), anstatt zu erkennen, dass die Prozente, die sie verloren haben, bei der Linken gelandet sind (Migrationsanalysen sind zwar, wie ein Analytiker im Radio sprach, stochern im Kaffeesatz, aber da bin ich mir ganz persönlich mal sicher). Gut und schön, jetzt haben sie die Nahles auf irgendein Pöstchen gewuchtet, aber ob das mehr ist als ein Alibi nach links, das muss sich erst noch zeigen. Ist ja auch irgendwie nicht verkehrt, wenn die sich nachhaltig mal selbst abschaffen, kehren wenigstens wieder klare Fronten in die Politik ein (wenigstens was links und den Rest angeht), aber diese geballte Demonstration der Idiotie tut doch immer wieder weh.


Nachtrag:

ben_ hat auch Angst. Und wenn man auch nur oberflächlich drüberliest, was er da verlinkt hat, wird einem endgültig ganz anders. In Aspekten der Überwachung ist womöglich ben_s Hoffnung auf die FDP nicht ganz blauäugig, wobei ich da auch meine Zweifel habe. Hinsichtlich der Folgen (aufgespiesst mal wieder von fefe) für das, was der hiesigen Marktwirtschaft zumindest noch den Anstrich von sozial verschafft, kann man nur hoffen, dass die FDP sich nicht zu oft durchsetzen wird.

Da müßte also passieren, was kaum passieren wird: Dass die FDP sich in Belangen der sogenannten "inneren Sicherheit" durchsetzt und die CD/SU im Gegenzug die marktliberalen feuchten Träume der FDP zurechtstutzt.

Zu erwarten ist, wie die zuvor schon erwähnte Mehrwertsteuerkiste beim letzten Wahldebakel zeigte, eher das Gegenteil. Und wieder wird kein rasender Mob auf die Straße gehen und die Revolution anzetteln, wieder werden sie alles mit sich machen lassen und im apathischen Schlurfschritt zur Schlachtbank latschen ...

23.9.09

Rückschritt

Eine Zeit lang waren die Gerichte im Kampf der Arbeitslosen gegen die Schikanen der ARGEn ja auf Seiten der Vernunft, aber das scheint sich gerade geändert zu haben. Von gleich zwei in der Hinsicht beunruhigenden Urteilen ist in der Netzeitung zu lesen.


Das eine entscheidet, dass es bei längerer Arbeitslosigkeit grundsätzlich von Vorteil sei, wenn "überhaupt irgendeine Art von Arbeit" getan werde, egal ob das was mit dem gelernten Beruf zu tun habe oder nicht. "Halt 's Maul, ich schick dich arbeiten, wohin ich will, und wenn du nicht spurst, streich ich dir die Kohle", damit darf der Sachbearbeiter sich jetzt endgültig im Recht fühlen.


Das zweite ist noch beunruhigender. Bislang wurde von vielen engagierten privaten Ratgebern oder auch Initiativen (Tacheles usw.) der Standpunkt vertreten, eine Eingliederungsvereinbarung sei ein zweiseitiger Vertrag, in den sich der Arbeitslose einbringen können muss. Ein Zwang zur sofortigen Unterschrift als auch das Beharren eines Sachbearbeiters auf sinnlosen Maßnahmen müsse nicht hingenommen werden, mit Fingerspitzengefühl könne man da erbaulicheres herausverhandeln. Und vor allem eben: Eine Selbstverpflichtung zu unterschreiben ohne eigene Bedingungen eingebracht haben zu können, habe mit Vertragsfreiheit nichts zu tun.

Das Bundessozialgericht selbst hat diese Auffassung jetzt aber gekippt: "Nur das Jobcenter treffe die Entscheidung, welcher genaue Verfahrensweg für die gewünschte Eingliederung des Arbeitslosen erforderlich sei, entschied das Gericht. [...] Die Behörde könne nach dem Gesetz das Verwaltungsverfahren selbst gestalten. Hartz-IV-Bezieher hätten dabei keinen Rechtsanspruch auf Mitsprache."


Mich graust es.

Ich frage mich, was das gekostet hat, diese Urteile fällen zu lassen.

Und ich denke wehmütig an Zeiten, in denen Sätze wie "Die Würde des Menschen ist unantastbar" noch irgendeinen Wert hatten.

17.9.09

A.C.A.B.

Im Nachhall des Polizeiübergriffs nach der FSA09 rauscht es ein wenig im Web. Natürlich kommen da die alten und berechtigten Forderungen wieder hoch, dass die Einsatzkräfte identifizierbar sein müssen. Und erfreulicherweise hat das Video eine unerwartet große Öffentlichkeit erreicht, auch international. Das passt auch so schön zu dem Lebensgefühl, wir haben Wahlbeobachter im Land und auf der ganzen Welt sieht man, wie unsere Exekutive Demokraten verprügelt. Richtig wohlig.


Schön eklig ist dafür, was von der anderen Seite der Absperrzäune im Web mitzukriegen ist. Der Name eines gewissen Forums war mir ohnehin schon irgendwie geläufig, jetzt wurde mal eine Melange zusammengestellt aus den "schönsten" Beiträgen, die die "Freunde und Helfer" da so abgelassen haben. Man lese dort, mir ist das zu widerwärtig, um es hier wiedergeben zu wollen.


Was mich jetzt wieder zum Selbstbloggen treibt, ist ein Kommentar unter dem Beitrag. Der gute nennt sich totalerscheiss, hat auch ein eigenes Blog und scheint eigentlich ganz ok zu sein, und kommentiert bei der Melange unter anderem: 

"ich habe nichts gegen die Polizei im Allgemeinen und schätze mal, dass selbst die ACAB-Sticker-Fraktion bei einem Angriff auf Eigentum oder körperliche Unversehrtheit nicht unglücklich ist, einen der Grünen/Blauen in der Nähe zu haben."


Nun. Wer mich kennt, weiß dass ich meine Gründe habe, warum das bei mir absolut nicht der Fall sein wird. Ein einziges Mal brachte ich die Naivität auf, zu glauben, es mache einen Unterschied, ob man sie bestellt oder ob sie einen antreffen. Es war ein Irrtum. Nie, nie, nie mehr wieder werde ich auf die Idee kommen, die Rennleitung hinzuzuziehen, und wenn die Situation noch so scharfkantig wird.


Knochen heilen wieder zusammen, ich hab keine Angst vor der Option, dass ich Blessuren davontrage - und keine Hoffnung, dass das ein Polizist verhindern könnte. Eigentum ist ersetzlich. Sollte ich mich selbst zur Wehr setzen können, ist das durch Notwehr-Regelungen gedeckt.


Was aber, wenn man sich drauf verlässt, dass einem die Freunde helfen?

Da stehen dann ein paar schlecht ausgebildete, ideologisch auf Linie gebrachte, viel zu junge Spünde vor einem herum, halten sich an der Dienstwaffe fest, können einem rethorisch gar nicht folgen und behandeln einen bei egal welchem Problem wie die hochalkoholisierte verprügelte Ehefrau des klischeeübertriebensten Unterschichtehepaars (Männlein wie Weiblein sind da gleichermaßen gemeint, es geht um die Rolle, die einem die Leute da suggerieren). Und am Schluss, wenn sich die Situation schon vor Eintreffen der Sportgruppe beruhigt hat, dann kommen sie dem Hilfesuchenden noch doof und versuchen dem was anzuhängen. Ganz großes Tennis.


Nein, danke. A.C.A.B. (*) und haben was mich betrifft ein Annäherungsverbot auf mindestens 5m an meine Person.


(*) Und selbst auf die Tatsache hin, dass ich schon direkt nette Leute kennengelernt habe, bei denen sich erst später rausstellte, was sie so beruflich machen, ist mir einfach von vornherein suspekt, wer soviel Rechtspositivismus an den Tag legt, dass er in diesen Dienst eintritt. Mag die natürliche Abstoßungsreaktion von Anarchisten sein, whatever, ich kann sowas beim besten Willen nicht nachvollziehen und die Gedankengänge, die einen dahin führen könnten, jagen mir Schauer über den Rücken.


Und jeder, der sich für die Laufbahn entscheidet, kann sich minimal vorstellen, was auf ihn zukommt, sieht man ja oft genug im Fernsehen. Ich hab da kein Verständnis, kein Mitleid für Cops. Wenn dann so oft rumgeheult wird, die seien doch auch Menschen und blabla - die sind aber an ihrem Job selbst schuld. Und wenn sie damit so gefrustet sind, dass sie grundlos Leute schikanieren müssen, dann kann ich das nicht nachfühlen, dann gibt es da nichts zu rechtfertigen, dann muss da nur eins passieren, achtkantig und ohne Pensionsansprüche rausschmeißen.

12.9.09

Auch du, meine c't!

Jetzt  hat 's mir grade einen wunderschönen Flame auf 's Energiesparlampenbashing vernichtet, ich hasse das Internet -.-


Anyway, nachdem ich heute zur FSA09 leider verhindert war, blieb mir nur, in Ruhe die c't vom kommenden Montag durchzuschmökern. Und obwohl ich Editorials im Allgemeinen und das der c't grundsätzlich sehr schätze, blieb mir heute fast der Rauch im Halse stecken. Selbst die c't oder zumindest der diesmalige Autor des Editorials entblödet sich nicht, in den Reigen derer einzusteigen, die vermeinen, beim Gebrauch von Energiesparlampen wahlweise zu kaltes, zu funzeliges oder gar flimmerndes Licht zu bemerken. Ich hab da schon vor neun Monaten herzlich drüber geschimpft, aber dass jetzt auch noch die c't ... ich bin erschüttert.


Jedenfalls hätte ich meinen Spaß daran, die Energiesparlampen-Hasser mal zu mir einzuladen und nach einem gemütlichen Abend weit nach Einbruch der Dunkelheit das Thema ganz scheinheilig auf Glühbirnen zu lenken. Das Geräusch der am Boden aufschlagenden Kinnladen wenn ich meine gemütlich schummrige Wohnungsbeleuchtung als komplett mit Energiesparlampen realisiert oute, wäre mir ein Fest.


Salvatorische Klausel: Dabei gebe ich offen zu, dass ein paar der billigsten Lämpchen aus dem Elchmöbelhaus mit der Zeit einen Dieselcharakter entwickeln und ihre ganze Leuchtkraft erst nach ein paar Minuten vorglühen entwickeln, beliebige Baumarktleuchten zeigen diesen Effekt aber schon nicht mehr. Über die Farbtemperatur kann ich mich nach wie vor auch nicht im Geringsten beklagen und dass die Dinger nun angeblich flimmern würden - ich sehe am CRT den Unterschied zwischen 75 und 100 Hertz spontan (auch wenn gutes LSD noch eine bessere Farbauflösung hergibt, aber das ist ein anderes Thema), aber bei meinen Lämpchen kann ich selbst angesichts einer lapprigen 50er-Jahre-Elektroinstallation mit eingebauter Brummschleife kein Flimmern erkennen ...

11.9.09

Ät hoom in mei illusioon

Man möge mir den schmählich schlechten Reim verzeihen, da wirkt wohl das Vorgängerblogpost noch nach ...

Ich muss nur mal kurz kotzen. Derzeit ereilt mich das gängige Schicksal all derer, die in Ballungsräumen nach menschenwürdigem und bezahlbaren Wohnraum suchen (bislang konnte ich derartiges durch den ein oder anderen Schachzug noch umschiffen...). Da ich an meinem liebevoll gepflegten studentischen Status durch meine angeborene Arbeitsscheu und anderes noch hänge und auch sonst nicht mit golfclubtauglichem Auftreten blende, erweist sich das nochmal als schwieriger.

Aber wo ich wirklich Knochen kotzen muss, ist die Engstirnigkeit respektive Blindheit, mit der einen Vermieter bzw. deren Makler als vertrauensunwürdig abtun, wenn man eben keinen Ordner mit Gehaltszetteln auf den Tisch knallen kann.

Dass ich mir jemanden für eventuelle Mietausfälle als Bürgen beschafft hab, das sollte dann doch wohl mal reichen. Letztens kam mir dann aber ein Maklerbüro mit der Forderung daher, dass auch noch jeder geplante Bewohner in den Mietvertrag müsse.
*öhm* *kopfkratz*
Das ist doch überhaupt nicht üblich. Und was versprechen die sich davon? Welcher Illusion von Sicherheit hängen die da nach?
Wenn ohnehin alle pleite und Mietnomaden sind, dann juckt es die vermeintlichen Preller einen feuchten Dreck, ob sie nun im Vertrag sind oder nicht.
Wenn es zudem um die Bonität so übel bestellt wäre, wie da unterstellt wurde, nützt es auch nix mehr, wenn zig Einzelpersonen im Vertrag sind.
Wenn hingegen ein Mietinteressent ausreichende Mittel hat, ist es doch auch wieder völlig Latte, ob da noch mehr Personen im Mietvertrag sind oder nicht, solang der Mieter zahlen kann und das auch tut.

Überhaupt frag ich mich, was Berufskinder machen, die lediglich das Erbe durchbringen oder dessen Zinsen verwalten - die können ja auch nicht mit Lohnzetteln wedeln. Nach Depotauszügen hab ich aber auch noch niemanden fragen hören ...

Verständnis dafür, dass die Mietsache pfleglich behandelt werden und auch die Miete wie geplant bezahlt werden können soll, das hab ich ja. Aber blindlings nach einem kleinstkarierten Schema F vorzugehen, ohne ein Jota Phantasie oder wenigstens Aufgeschlossenheit aufzubringen, da träumt mir von Besetzungen, besser noch Enteignungen.

10 Silben

Depression ist meine Homezone

(sprachlich bisschen ein Bastard, aber was tut man nicht alles für den Reim)

5.9.09

Also was ist das denn

Seit 12 Minuten schau ich einen Dokumentarfilm auf 3sat, der da heißt "Eure Kinder werden so wie wir". Im Videotext angekündigt als Dokumentarfilm von 2007 über G8 in Heiligendamm und einen Castor-Transport von November 2006.

Seit 12 Minuten ist in dem Film kein einziges Wort gefallen, er wird beherrscht von ziemlich unterbelichteten Bildern aus Wäldern und von einer Wiese, auf der man die Frösche quaken hört und schemenhaft vermutlich Einsatzkräfte mit ihren Hunden mit Taschenlampen rumlaufen ahnt.

Schon der Titel stellt mich vor ein Rätsel, wer sind die angesprochenen, wer sind "wir"?
Ist das die Ankündigung der Demonstranten an die Einsatzkräfte, die Gesellschaft werde sich wandeln und ihre eigenen Kinder werden ihnen dereinst der Vorwurf machen, warum sie nichts dagegen getan haben sondern noch die Veranstaltungen beschützt haben?
Oder ist das die Siegesgewissheit des personifizierten Staates, der den Demonstranten prophezeit, ihr Engagement werde verpuffen und in ein paar Jahren werden alle zur Vernunft gekommen sein?

Minute 16: Schauplatz jetzt vermutlich (anhand des Zauns identifiziert) Heiligendamm - vereinzelte Polizisten auf Wiesen mit Ferngläsern, ein einsames geruhsam grasendes Pferd, 2 große grüne und eine kleine schwarze Fliege auf einem Pfederapfel.

Ich hab schon vor 10 Minuten vor dem Film kapituliert, der einfach schlicht überhaupt keine Aussage macht, noch nicht mal seinen Titel erklärt. (*)

Minute 22: Vorbeifahrt an grünen Alleebäumen sowohl mit Blättern als auch mit Schutzausrüstung. Wir gehabt kommentarlos.

Das einzig Lehrreiche ist, dass eine reine Bilddokumentation für alle Zwecke gebraucht werden kann - wer das allerdings noch nicht wußte, hat auch ein bemerkenswertes Mass Naivität am Start. Die Bilder würden in die Mainstreammedien genauso passen wie nach Indymedia, wirken aber in ihren nicht mittig gehaltenen Einstellungen eher wie ein missglückter Versuch, Filmkunst zu machen. Ansonsten nichts, was der geneigte Zuschauer nicht schon exakt oder annähernd so nicht schon 1000x anderswo gesehen hätte, durchsetzt von reizenden Naturaufnahmen.

Letztlich bin ich ziemlich entrüstet, dass jemand sowas als Dokumentarfilm anbietet, und darüber hinaus, dass dann auch noch Sendezeit dafür geopfert wird.

(*) Das muss ich revidieren: Minute 25 löst auf: Es handelt sich um einen Sprechchor von Demonstranten angesichts eines Wasserwerfereinsatzes.

27.8.09

Wird mal wieder Zeit für Cat-Content

Unlängst war ich mal (keine Ahnung mehr wo, sorry) über eine Kompilation der "10 cutest cat moments" gestolpert, für die ich zwar nur eine 4/10-Quote vergebe, aber als Pausenfüller doch ganz gut:



Einen echten Knüller fand ich aber heute bei
Peter Glaser:

25.8.09

Es lesen zwar mit Sicherheit

... weitaus mehr Leute Fefe als mich, aber der Klopper ist zu dick, als dass ich nicht auch noch meinen Senf dazu geben müsste.

"DNA Evidence Can Be Fabricated, Scientists Show", so stehts in der NYT (via Fefe). Fefe fasst das knapp und treffend zusammen: "Und zwar haben die da nicht nur Material einer fremden DNS unterbringen können — sie haben dazu nicht mal eine Probe der anderen Person gebraucht, sondern konnten die Fremd-DNS-Spur aus einer Datenbank von DNS-Profilen erzeugen. Datenbank aus Erbgut-Profilen? Ja, genau, wie die Datenbank, die die Polizei und unsere Junta über uns sammeln. Tolle Wurst. Für Regimekritiker wird die Luft immer dünner. Bald wird man dann mit DNS-Spuren von einem Tatort überführt, und die Anwesenheit am Tatort wird über gefälschte Vorratsdaten bewiesen."

"“DNA is a lot easier to plant at a crime scene than fingerprints,” she said. “We’re creating a criminal justice system that is increasingly relying on this technology.”", so eine wissenschaftliche Beraterin der American Civil Liberties Union.

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

17.8.09

Analog-Blogging

Eigentlich wollte ich mich schon seit längerem mal über den Sommerloch-Hype auslassen, mit dem sich die Entertainment-Medien derzeit auf die erschröckliche Entdeckung stürzen, dass in vielen Nahrungsmittelprodukten, die mit Käse werben, nur noch ein Kunstprodukt davon zu finden sei, so genannter Analog-Käse.
Nachdem ich mich wie meistens zu lange vor dem Bloggen gedrückt hatte, kam mir die Welt zuvor, mit einem
Artikel, der die Ehre der Ersatznahrungsmittel rettet. Dem schließe ich mich jetzt an mit einem Blog-Post, der keine neuen Inhalte mitbringt, also nur ein Analog-Blogging ist.

Unbenommen ist an dem Käse-Hype, dass definitiv deklariert gehört, wenn einfach nicht drin bzw. drauf ist, was man eigentlich erwartet. Angegeben sollte es schon sein, dass da nur Milcheiweiß, Pflanzenfett und Stärke (woraus Analog-Käse lt. dem Welt-Artikel besteht) zusammengematscht und auf das Brötchen geschmolzen wurde, und eben kein echter Käse.

Damit hat sich die gerechtfertigte Empörung aber auch schon wieder erledigt. Dass sich jetzt die Fernsehsender mit missionarischem Eifer auch gleich noch auf andere Produkte stürzen, die nicht so 100% dem entsprechen, was auf der Packung steht, aber die Kriterien im Grunde genommen einhalten, das ist doch wieder mal nur Ablenkung. Reingezappt hab ich z.B. in eine Sendung (keine Ahnung mehr wo, pardon), wo neben dem Analog-Käse auch Schwarzwälder Schinken, diverse Pesti und als Krone allen Übels Surimi auf der Anklagebank standen.
Der Schinken, da die Schweine nicht aus dem Schwarzwald stammen, sondern der Schinken nur dort geräuchert wird - nun, da gibt es wohl augenscheinlich eine Richtlinie, die besagt, Schwarzwälder Schinken müsse im Schwarzwald hergestellt werden. Das leuchtet aber auch mir auf der Stelle ein, dass so viele Schweine die kleine Region nicht hervorbringen kann, und was diesen Schinken zu dem macht, was ihn ausmacht, ist sicherlich das Räuchern, und das geschieht wohl nun auch unzweifelhaft im Schwarzwald. Von einer kleinen verträumen und abgeschiedenen Kate kann ebenso unzweifelhaft keine Rede sein, aber die Naivität sollte man auch wiederum nicht aufbringen.
Bei den Pesti hatten die Empörer auf dem Kieker, dass statt Oliven- Sonnenblumenöl und statt Pinienkernen Cashewmehl drin sei. Steht aber so auch drauf. Kann jeder nachlesen. Und keiner braucht so ein pesto-ähnliches Produkt jemals wieder kaufen, wenn es ihm nicht geschmeckt hat. Hat es hingegen doch, hat es seinen Zweck doch erfüllt, qualitativ schlechter ist es letztlich nicht, es ist eine Öl-Kräuter-Nuss-Pampe mit einer bestimmten Geschmacksrichtung.
Beim Surimi geht mir dann endgültig der Hut hoch. Schon als ich vor (grauenhaft) vielen Jahren im Schüleralter bei einem Supermarkt mit Fischtheke jobbte, stand in der Auslage unter dem Namen Surimi groß und deutlich "Krebsfleischimitat". Mich persönlich hat eher der Teil mit dem Krebsfleisch abgeschreckt denn der Teil mit dem Imitat. Aber dass Surimi nun falsch deklariert wäre, kann man dem Fischbrät nun wirklich nicht vorwerfen. Und wenn Pseudo-Garnelen aus Fisch-Formfleisch, also Surimi, bestehen, steht das auch deutlich drauf. Das konnten nicht mal die Berufs-Aufreger bestreiten. Und nur nach Bild kauft man doch spätestens seit Falling Down nicht mehr ein ("Was ist an diesem Bild falsch?"). Ein letzter Gedanke zu Surimi: Zum Mäcces oder zur Tiefkühltruhe gehen und so genannte Chicken Nuggets kaufen tut ihr doch alle gern, auch ihr Medienschlampen, oder? Schon mal nachgelesen, dass das Zeug auch nur aus Hähnchenformfleisch besteht, sozusagen aus Geflügelfleischimitat? Ihr wollt gar nicht wissen, was da vom Geflügel alles reinkommt, wetten?

Nerd ist ...

... oder zumindest für mein Empfinden mit einer deutlich nerdigen Note versetzt:

Wenn man beim Fringe-Gucken (ich gestehe!) bei dem Zwischenbild mit der sechs-fingrigen Hand darüber zu sinnieren beginnt, wieviele Anschläge man wohl mit je einem Finger mehr tippen könnte

16.6.09

Styroporflocken

"Diese Tage waren vorbei. Jetzt wurden die Entscheidungen dieser Welt von kleineren Leuten getroffen; von grauen, gesichtslosen Bürokraten ohne Vision oder Witz; von Ausschußsprechern, die Ausschuß sprachen und Ausschuß dachten, Männern, die mehr vom Dogma als von Destination wußten, Männern, die sich auf Produktion verstanden, aber das Vergnügen nicht kannte, Männern, die sich mit einem Ordner voller Papiere wohler fühlten als mit einer Faust voll Gemmen; Männern ohne Lächeln, Männern ohne Manieren, Männern ohne Träume, Männern, die glaubten, sie könnten die Menschheit führen, während sie weder eine Herzogin verführen noch ein Pferd reiten konnten. Ach, dieser Bandit in Schwarz, den seine Tochter nach Hause geschleppt hatte, taugte besser zum Herrschen als irgendeiner von ihnen, Kommunisten oder Faschisten oder Christdemokraten, einander gleich wie geschmacklose Erbsen in einer verdorbenen Schote."

Tom Robbins, Buntspecht

"Das Spiel, in dem virtuell auf Pixelmännchen geschossen wird, heißt "Killerspiel". Aber der Verein, in dem real, mit echter Munition auf Schießscheiben geschossen wird, heißt Schützenverein, nicht Schießverein (und schon gar nicht Killerverein). Das klingt gleich viel netter."


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Styroporflocken?
Wie Füllsel in Paketen, irgendwie nichts und irgendwie auch unverzichtbar.
Lässt sich jedenfalls einigermaßen bloggern (Vertipper, aber für schön befunden) und sagt noch etwas mehr aus als nur die Wong-Links

28.3.09

Sommerzeit

Juhu, ab morgen ist mal wieder Sommerzeit :-)

Entgegen einer angeblichen Mehrheit der Bundesbürger (z.B. Netzeitung) hab ich nämlich nix gegen die Sommerzeit, im Gegenteil, ich steh drauf.

Mal ehrlich. Im Juni wird es mit Sommerzeit schon ab 4 Uhr früh wieder hell, ohne verstellte Uhr wäre es da erst 3 und würde schon tagen. Fänd ich seltsam bis unangenehm. Und wenn es im Sommer schon um 19 statt um 20 erst dunkel würde, würde mir auch was fehlen.

Mir gehören bestimmte Dinge zu bestimmten Jahreszeiten dazu. Dass es abends bald dunkel wird, das ist Winter. Dass man abends bis 22 Uhr noch leichtes Dämmerlicht hat, das ist Sommer. Und da hilft die Uhrenverdreherei viel, um das zu betonen und mir, ja mir, ganz EGO, nur ich, das passende Jahreszeitgefühl zu geben.

Würde man sie abschaffen, ich würde sie vermissen.

26.3.09

Muss mal zitiert werden

"Diese Lähmung der Einzelnen halte ich für das größte Übel des Kapitalismus. Unser ganzes Bildungssystem leidet darunter. Dem Studenten wird ein übertriebenes Konkurrenzstreben eingetrichtert und er wird dazu ausgebildet, raffgierigen Erfolg als Vorbereitung für seine zukünftige Karriere anzusehen.
Ich bin davon überzeugt, daß es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert."

Albert Einstein, 1949

24.3.09

München : Stuttgart 1:0

Nene, kein Fußball. Nur ein Nachschlag zu dem unsäglichen Amokgeseire, das immer noch die Medien auf- und abschwappt, mit seinen unvermeidlichen Idiotien allenthalben.

Der SWR berichtet, die "Intel Friday Night Game", die kommenden Freitag hätte in Stuttgart stattfinden sollen, sei von der Stadt abgesagt worden. Weiter heißt es:

"Dort sollten unter anderem auch die als Killerspiele kritisierten "Counter Strike" und "Warcraft" gespielt werden. Nach dem schrecklichen Amoklauf in Winnenden und Wendlingen, bei dem 15 Menschen getötet wurden, könne man eine solche Veranstaltung derzeit nicht akzeptieren, begründete Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) die Absage. [....] Trotz Bitten der Stadt waren die Veranstalter der "Intel Friday Night Game" offenbar nicht bereit, andere Spiele zu verwenden. [....] Der medienpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Jürgen Walter, begrüßte den Schritt der Stadt Stuttgart ausdrücklich: "Es hat den Veranstaltern wohl an der nötigen Sensibilität gefehlt, sonst wären sie selbst darauf gekommen, wie instinktlos eine solche Veranstaltung eine Woche nach der zentralen Trauerfeier in Winnenden ist", sagte Walter."
Während in München nach einer Fotostrecke der Süddeutschen Zeitung die "PC-Game-Bundesliga" schon vergangenen Freitag stattfand, wo neben einem nicht genannten dritten Spiel und einer Fußballsimulation auch Counterstrike Wettkampfspiel war.

Nun ist die Untertitelung der SZ-Fotostrecke auch nicht das Gelbe vom Ei der Ausgewogenheit, unerwarteter Pluspunkt für Bayern respektive München bleibt aber doch, dass die Veranstaltung stattfinden konnte, obwohl sie zeitlich noch viel näher am Geschehen war.

In Stuttgart hat sich nur wieder die impertinente Ignoranz verdeutlicht, mit dem der seltsamen Subkultur der Gamer begegnet wird. Spiele sind alle eins wie das andere, so liest sich das. Unsauberkeiten wohin man nur schaut.

Als Killerspiel gescholten wurde das nunmal blutfreie World of Warcraft - das sich halt denkbar schlecht für eine LAN-Meisterschaft eignet, was man leicht rausfinden könnte. Vermutlich hätte in Stuttgart das Strategiespiel Warcraft gezockt werden sollen, aber darüber verlieren wir mal lieber kein Wort, denn a) wissen wir nicht, was der Unterschied zwischen Strategie und MMORPG ist, b) kann sich hinter einem Namen wie Warcraft ja nur Brutalität und anschauliches blutrünstiges Gemetzel verbergen und c) hätten wir ja die Empörung nur halb so gut schüren können, wenn wir zugegeben hätten, dass es sich da auch nur um eine PC- und Fantasyvariante von Schach handelt.

Und die bösen Veranstalter hatten nicht die Feinfühligkeit, andere Spiele spielen zu lassen, pfui aber auch! Nun, wenn ein Saison-Preisgeld von 130.000 Euro zu gewinnen ist, handelt es sich doch ziemlich wahrscheinlich nicht um eine Glücksspielrunde, sondern um irgendwas spezielleres (um nicht mit Slang wie Progamer und E-Sports-League anzufangen) - und dass man nicht mal eben vorschlägt, in Wimbledon solle doch dieses Mal lieber Badminton gespielt werden, geht ja auch nur um Schläger und Netz, würde jedem einleuchten. Nur diese komischen blassen Computerjunkies, bei denen muss doch eins wie das andere sein.

Und an der nötigen Sensibilität fehlt es nur denjenigen, die daran jetzt rummotzen, anstatt sich erst kundig zu machen, um was es in den Spielen geht, welche Liga bei solchen Hallenturnieren antritt und - um Himmels Willen - was die Aggressionsforschung zu "Killerspielen" zu sagen hat. Aber die Grünen sind halt auch schon im Schmelztiegel der populistischen "Mitte" angekommen.


WTF?
STFU!

Nachtrag: Auch Nürnberg überholt Stuttgart locker auf der Außenbahn (via fefe).

18.3.09

Die übliche Polemik

... die sich jetzt allenthalben von den Medien verbreiten lässt zum Thema Ursachen, Auslöser und Prävention künftiger Fälle wie Winnenden, Emsdetten, Erfurt, möcht ich mal gar nicht mit Anmerkungen würdigen.

Was mir "diesmal" besonders übel aufstößt sind die Randdebatten und Unsauberkeiten.

Da wird sich im online-trendigen Kommentarbereich zu Nachrichten bei Nachrichtenmedien (z.B. SZ) ebenso wie im traditionsgemäß oft und gern trolligen Heise-Forums-Ableger bei Telepolis pauschal über alle Berufsstände echauffiert, die mit "Psych-" anfangen, ungeachtet und ganz offensichtlich auch in Unkenntnis der Unterschiede zwischen Psychiater, Psychologe, ärztlichem und psychologischen Psychotherapeuten, Pharmakotherapie und Psychotherapie, von Feinheiten dabei noch ganz zu schweigen. Da wird ein Niveau unterschritten, das sogar beim Boulevard noch als anerkannte Grenze gilt.

Da ergeht sich die (ebenso wie die Opfer und deren Familien bedauernswerte) Familie des Täters in Beteuerungen, er habe sich nicht in Therapie befunden, er wäre "nur" ambulant bei einer Klinik gewesen. H-hm, nein ich hab keine Gesundheitsprobleme, ich war nur ambulant beim Hausarzt. Freut auch sicher niedergelassene Therapeuten, dass ihre ambulante Behandlung keine Therapie ist. Es ist ja verständlich, dass die Familie jetzt verleugnet, eventuelle psychische Probleme beim Sohn gekannt zu haben (allein der Wunsch, sich die Medienmeute vom Hals zu halten, würde bei mir als Rechtfertigung schon durchgehen, und selbst wenn es Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit war, die Knarre offen rumliegen zu lassen, kann ich mir vorstellen, dass da jetzt erstmal auf biegen und brechen versucht wird, gut dazustehen, die Lage ist schon grauslig genug). Der Versuch ist so aber mehr als lächerlich.

Da wird ganz alarmiert der Zeigefinger hochgereckt, als gerüchteweise aufkommt, der Täter habe evtl. Psychopharmaka genommen (u.a. hier, via fefe, dessen Anmerkung auch gelesen gehört), und man habe doch da neue Untersuchungen aus den USA gelesen, nachdem Antidepressiva aggressions- und selbstmordfördernd seien. Wie bahnbrechend. Die Genese einer Depression zu kennen ist unwidersprochen nicht zwingend nötig für Journalisten. Beim Aufkommen solcher Aspekte das Internet mal ganz kurz nach "antidepressiva selbstmordgefahr" zu durchforschen, halte ich aber noch für ausdrücklich zumutbar. Dann stieße man darauf, dass es regelmäßig genug vorkommt, dass der (in der Depression z. T. stark verminderte) Antrieb bereits wieder erstarkt, die Stimmungslage aber noch nicht aufgehellt wurde, und schon ist das große Rätsel keines mehr, sondern als prinzipiell normaler Ablauf bei der Vergabe von Antidepressiva auf einmal banal. Mal ganz davon abgesehen, dass ja noch lange nicht gesagt ist, dass verordnete Psychopharmaka auch eingenommen werden, geschweigedenn so wie verordnet. Das und vorige Punkt tragen auch nicht gerade dazu bei, die Psych*-Berufe in einem besseren Licht dastehen zu lassen.
Außerdem wird in dem Blogposting als Beweis dafür, dass bereits etliche Täter unter dem Einfluss von Psychopharmaka standen, angeführt, dass sie so unbeteiligt vorgingen, als ob sie das alles völlig kalt ließe. Ist zwar ein an sich nicht so unempathischer Gedanke, geht aber leider auch wieder an dem vorbei, was eigentlich Grundlage ist, um sich über Gewalt und spezielle Auftretensformen unterhalten zu können. Fakt ist, dass es zwei Modi von Gewaltausübung gibt, einmal die affektive, die zu Wirtshausschlägereien und mitunter auch zu Amokläufen führt, und einmal den Jagdmodus, der wohl evolutionär übrig geblieben ist und wie Dr. Jens Hoffmann in der 3sat-Kulturzeit vom 11.03. (hoffe der Link hält noch etwas) es so nett formulierte, wenn man das Bambi streicheln will, kann man es nicht mehr töten, um es zu essen. Bei den Amokläufen, die eine Endabrechnung des Täters sind, ist dieser Modus der logisch verwendete.
Am Ende ergeht sich der Blogposting dann ohnehin in recht breit gestreutem Gewettere gegen die festgestellten Psychopharmaka bei schlimmen Amoktaten, die Medikamente werden dann mal pauschal als Psychodrogen bezeichnet, selbst wenn es sich um ein natürliches Element handelt, das auch natürlich im menschlichen Körper vorkommt, wie Lithium. Wikipedia hätte auch hier mal wieder geholfen, sei es zu Lithium, Fluoxetin (Prozac, Fluctin) oder auch weiterführend zum Serotoninsyndrom an sich.

Da wird sich einer abgeschwallt über sogenannte Amokläufe, die sich bei minimaler Betrachtung herausstellen als ziemlich spezifische Taten von Schülern und Ex-Schülern an ihren Schulen, was sich bei geringfügiger Nachlese als Teilaspekt herausstellen würde und nicht als die Hauptauftretensform. Nicht mal die Häufigkeit wird halbwegs richtig erfasst, obwohl sogar noch eine Suche im Internet dazu Zahlen ergeben würde, die näher an der Realität liegen als die enormst breitgetretenen Schulamokläufe. Von der Geschichte ganz zu schweigen, es ging in Deutschland halt auch nicht erst 1992 los (trug glaub ich jemand in einem SZ-Kommentar bei, wenn ich mich recht entsinne), sondern mindestens schon 1913 (man suche nach: "Hauptlehrer Wagner") - was hat der Mann wohl für bösartige Spiele konsumiert? Oder gar Psychopharmaka eingenommen?

Da kam schon bald der Gedanke auf, die Tat könnte inspiriert worden sein von dem nur weniger Stunden vorher stattgefundenen Amoklauf in Alabama (wohlgemerkt, der wird dann plötzlich auch Amok genannt, obwohl das gar kein Schüler war, komisch komisch), und gleich postwendend ein 12-stündiges Sonder-Spezial geschaltet. Su-per Reflexion, kann ich nur sagen, Hut ab! Wir erkennen den Nachahmungseffekt und handeln komplett gegenläufig. (Schöner Fokus darauf beim Spiegelfechter)

Da erscheint im Wissenschaftsressort eines Nachrichtenmagazins ein Artikel, der vom aktuellen weggeht und Erklärungsansätze aus der Literatur zu erläutern sucht und dann doch irgendwas daraus nicht verstanden oder nur überflogen hat - oder ich bin mal wieder nett und versuche die Möglichkeit einzubeziehen, dass da evtl. eine Redaktion gekürzt hat, was jetzt sinnentstellt dasteht, so richtig gelungen ist das jedenfalls auch nicht. Obwohl man ja schon froh sein kann, wenn jemand überhaupt Literatur heranzieht und nicht einfach nur auf die gewohnten Ziele eindrischt.

Naja und der Rest, der läuft unter der eingangs erwähnten üblichen Polemik, vom reflexhaften Verbellen der aktuell verbrämten Medien (wie Fefe schrieb: "Ich erinnere mich noch an Zeiten, als die Rockmusik angeblich an der Verrohung der Jugend Schuld war."), über eine natürlich zutiefst betroffene Bundeskanzlerin, die noch nicht mal den Ort des Geschehens korrekt mitgeteilt bekommen hat bis zu mal kurz am Rande erwähnten oder auch mal minutenlang zu Wort kommen gelassenen Forschern, die tatsächlich zum Thema Amok arbeiten, aber dann ganz schnell vom üblichen Pfeiffer ersetzt wurden, der jetzt wieder die Debatte mit seinem gewohnten Spiele-Bashing prägt. Aber passt natürlich ins Bild, die paar Millionen Gamer sind ja nach wie vor allen so suspekt, dass man lieber auf die losgeht, anstatt menschliche Rahmenbedingungen zu schaffen, eine Kultur wo man nicht nur am Körper einfach mal Hilfe beim Gesundwerden in Anspruch nehmen darf ohne stigmatisiert zu werden, und und und.

25.2.09

Julia hat geantwortet

Just in dem Moment als ich schon nicht mehr damit rechnete, kam ein Kommentar unter Analog.

Kurz und knapp:

"du kannst dir noch sachen kaufen. das kulturelle existenzminimum ist das nicht. hartz-iv muss auf 420 euro erhöht werden, und zwar, weil es gerecht ist.

aber die behauptung, man könne davon nicht "überleben", das ist einfach unsinn, und dabei bleibe ich.

julia seeliger"
Ich schreib jetzt eigentlich nur deswegen einen Blogeintrag als Antwort anstelle eine Kommentars, weil mir das Kommentareingabefeld allzu klein ist, um geordnete Gedanken drin produzieren zu können - und weil ich schon wittere, dass das ein langer und ausgiebiger Reply werden wird.
Also zu Sache.

"du kannst dir noch sachen kaufen"
Nun, das hat jetzt niemand wirklich geleugnet. Die Frage ist nicht, ob man sich noch was kaufen kann, sondern was und wieviel.
Da geht 's jetzt mit der länge schon los *hust* ich muss das jetzt einfach mit der gefundenen Aufschlüsselung machen (es gibt da übrigens auch noch welche aus "neutraleren" Quellen, logisch. Ich mach mir jetzt einfach nicht die Mühe, mit Verlaub).
Also, für was ist da der Regelsatz (zum Stand des Dokuments €351) anteilig gedacht:
  • Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren: 129,52
  • Bekleidung und Schuhe: 34,84 ("darunter u.a." 20,94 für Kleidung und 7,47 für Schuhe)
  • Wohnen, Energie, Instandhaltung: 26,24
  • Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände: 25,08 ("darunter u.a." 1,40 für "Kühlschränke, Gefrierschränke und -truhen" und 1,56 für "Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler")
  • Gesundheitspflege: 12,89
  • Verkehr: 15,40 ("darunter u.a." 0,68 für den "Kauf von Fahrrädern" und 11,23 für "Fahrkarten für Bus und Bahn (ohne Reisen)")
  • Nachrichtenübermittlung: 30,78 ("darunter u.a." 23,62 für "Telefon-, Faxgebühren" und 3,16 für "Internet, Onlinedienste")
  • Freizeit, Unterhaltung, Kultur: 39,93 ("darunter u.a." 1,29 für "Spielwaren und Hobbys", 6,38 für "Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen bzw. -einrichtungen", 5,57 für "Bücher und Broschüren", 2,77 für "Schreibwaren, Zeichenmaterial")
  • Bildung: 0,00
  • Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen: 8,31
  • Andere Waren und Dienstleistungen: 27,24 ("darunter u.a." 3,09 für "Gebrauchsgüter für die Körperpflege" und 6,17 für "Haarpflege-, Rasiermittel, Toilettenpapier u.ä.")
So. Und jetzt lassen wir uns das mal schön langsam auf der Zunge zergehen. Es ist alles für eine Einzelperson gedacht. Ich fang mal mit den Punkten an, wo es eigentlich offensichtlich sein muss, dass was falsch läuft.

Ein monatliches Verkehrsbudget von € 15,40. Eine Einzelfahrt mit einem Verkehrsverbund innerhalb eines Innenstadtbereichs kostet um die 2€. Von dem Geld kann man dann also 3x hin und zurück fahren und einmal nicht ganz bis hin. Und das auch nur, wenn man sich kein Fahrrad für 68 Cent kauft. Das ist überspitzt, ich weiß. Die Angabe aber auch. Ein Monatsticket kostet ab 30 Euro (und das auch nur eines, das erst ab 9 Uhr gilt, wer früher bei der Arge antanzen muss, muss mehr zahlen).
Bildung: € 0,00. Ohne Worte. Wahrscheinlich war 's so gedacht, dass Schüler und Studenten ja eh keinen Anspruch auf ALG2 haben, was aber nicht ganz korrekt ist, es gibt Sonderfälle. Bei denen, die nur einen Maximalanspruch auf € 192 Bafög haben, gibt es ALG2, weil das sogar noch jeder eingesehen hat, dass Bafög allein zu wenig ist. Wird allerdings aufs ALG2 angerechnet, kommt also auch nur der Regelsatz dabei raus. Tja und die dürfen dann aber auch nichts für die Schule brauchen. Mal ganz davon abgesehen, dass € 0,00 auch Minderjährigen zustehen, die mitgehangen-mitgefangen von ALG2 leben müssen und durchaus auch noch zur Schule gehen können/müssen/dürfen/wollen.
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen: € 8,31. In Berlin sind die Döner wohl billiger, ich kenn keinen halbwegs vertrauenswürdigen unter 3 Euro, das billigste Auswärtsessen sind wohl die 1€-Angebote der Fleischbratereien. Oder man macht mal richtig einen drauf und geht zu einem 5€-Mittagstisch, da könnt sogar noch ein Saft statt einem Wasser drin sein. Luxus!
Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände: € 25,08. OK, man kann vermutlich tatsächlich davon ausgehen, dass die Geräte zunächst vorhanden sind und eben grade nicht beschafft werden müssen. Blöd wird 's nur, wenn eins kaputtgeht. Im Gegensatz zur alten Sozialhilfe wird nämlich eine Reparatur bzw. Wiederbeschaffung nicht mehr getragen.
Bekleidung und Schuhe: € 34,84. Ist zunächst mal so wie bei der Wohnungsausstattung, zunächst sind wohl erstmal Klamotten da. Nicht ohne Sarkasmus behaupte ich jetzt aber einfach mal, dass z.B. der Schuhverschleiß bei einem ALG2ler wohl eher höher sein dürfte als beim Durchschnitt - schließlich muss er das Meiste laufen. Ein Paar Schuhe nachkaufen oder besohlen lassen, das sollte davon wohl auch tatsächlich gehen. Aber was, wenn die Hose auch kaputt ist und man im Frühling, als es noch rosiger aussah, die warme Winterjacke veschenkt hat, an jemand, der sie nötiger brauchte? Zeigt dann Politik sogar modischen Effekt durch die Rückkehr des Zwiebellooks?
Freizeit, Unterhaltung, Kultur: € 39,93. Eine Tageszeitung im Abo kostet um die 30 Euro (hab grad nur bei der FR nachgeschaut, aber die dürften sich nicht so viel nehmen). Von GEZ kann man sich befreien lassen - wenn sie es denn annehmen, außerdem muss das dann wieder regelmäßig wiederholt werden.
Wochenzeitschriften, Magazine oder so kann man dann schon nicht mehr regelmäßig lesen. Oder halt in Bibliotheken, man hat ja auch den ganzen Tag Zeit ... Veranstaltungen, Hobbys, Bücher? Entweder - oder!

Wohnen, Energie, Instandhaltung: € 26,24. Also für das, was nicht von den Kosten der Unterkunft gedeckt wird. Ungeachtet dessen, dass mindestens geplant war, die Gerichtskostenbeihilfe für ALG2ler zu streichen wird ja immer noch munter prozessiert und so kann ich dazu grad nicht viel schreiben. Es wurde teilweise schon entschieden, dass sowohl Kaltmiete als auch Strom, Heizung und Warmwasser von der Arge übernommen werden müssen; mein Wissensstand war noch, dass Lichtstrom und Warmwasser da nicht mit reinzählt und falls das Warmwasser gemischt mit dem Heizwasser geliefert wird, eine Pauschale abgezogen wird, und die war von Ort zu Ort verschieden. Unter der Präambel, Lichtstrom und Warmwasser davon zahlen zu müssen, wird 's kalt und dunkel.
Gesundheitspflege € 12,89. Von Praxisgebühr und Zuzahlung zu Rezepten kann man sich bis zu einem Anteil von 2% des Jahreseinkommens befreien lassen. Was viele nicht wissen. Weiß man es nicht oder hofft man, das mit dem ALG2 werde nicht solang dauern, ist mit dem Betrag ein Arztbesuch (Praxisgebühr) gedeckt, die Verschreibung schon nicht mehr.
Nachrichtenübermittlung für € 30,78 im Monat. Der billigste Telekomtelefonanschluss kostet € 17,95 ("Call Start"), und damit hat man dann noch kein Gespräch geführt. Naja es gibt ja jetzt so Superflatangebote für € 20 all inclusive, haben die sicher gemacht, damit HartzIVler auch noch kommunizieren können. Allzuoft darf man trotzdem nicht versuchen, seinem Fallmanager über die 0180-Hotline was ausrichten zu lassen, sonst ist das Budget gleich weg.
Essen und Rauchen: € 192,52. Nehmen wir mal (zugunsten des Regelsatzes) an, es handelt sich um einen genügsamen, leitungswassertrinkenden Nichtraucher. Auf einen Standardmonat mit 30 Tagen umgerechnet sind das dann rd. € 6,42 für Essen pro Tag. Nur vom Discounter könnte das sogar hinkommen, sogar mit etwas Obst gelegentlich. Die Rechnung, die Sarrazin aufgemacht hat, taugt allerdings wiederum nicht, man kommt halt nicht an ein Würstchen für 40 Cent, dann hat man wenigstens 4 davon, und muss die auch irgendwann essen, vor sie schlecht werden, so einfach geht 's also nicht mit der billigen und trotzdem abwechslungsreichen Ernährung. Zudem laufen persönlich geschätzte 98% der Leute ohne Kaffee/Tee überhaupt nicht rund und nur von Leitungswasser zu leben, kann beim "soziokulturellen Existenzminimum" wohl auch nicht gemeint gewesen sein. Auf den Punkt würd ich gern lauter motzen, als ich grad belegen kann, der Selbstversuch geht mir noch ab und subjektiv wahrgenommen gibt 's beim Discounter inzwischen mehr und mehr auch halbwegs brauchbares Futter - an der Stelle geb ich für heute morgen mal zu, es könnte reichen. Allerdings hat Julia auch selbst einen dokumentierten Selbstversuch verbloggt, vom Regelsatz (allerdings abzüglich des mitveranschlagten Tabaks, also nur € 4,25/Tag) zu leben.
Andere Waren und Dienstleistungen: € 27,24. Klingt so undefiniert auch nicht schlecht. Allerdings fällt da ja wieder wirklich alles rein, Spülmittel, Seife, Rasierer, Shampoo, Conditioner, Deo, Bodylotion, Aftershave, Duschgel, Putzschwamm, Zahnpasta, Zahnbürste, Klopapier, Taschentücher, Küchenrolle, Makeup, Cremes, Nahrungsergänzungsmittel (den kann ich mir grad nicht verkneifen *hust*) ... und auch noch alles andere, was nicht aufgeführt wurde: Versicherungen, Tierfutter, Sprit - denn ein Auto darf man tatsächlich noch haben, wenn 's nicht viel wert ist -, Steuer fürs Auto wenn man denn noch eins hat, und und und. Das Auto mal beiseite, aber dass z.B. keine Versicherung mehr "inbegriffen" ist, ist auch wieder so ein Knackpunkt. Grad, wenn jemand nichts mehr hat, sollte man ihm doch noch die nötigste Absicherung zugestehen, sich nicht auf ewig zu verschulden, wenn was passiert, will sagen, eine Privathaftpflicht wäre doch nicht zuviel verlangt - meine kostet unter 5€/Monat. Könnte man sagen, dann steckt die doch in dem Satz mit den Dienstleistungen sicher schon drin, aber da kann ich nur fragen: Wo denn?

Das war mir jetzt ein Bedürfnis, das mal so auseinanderzunehmen.
Wenn man unbedingt will, kann man sicher sagen, die Stellen, wo es nicht reicht, sind von denen "quersubventioniert", wo ich nicht die ganz große hieb- und stichfeste Kritik bringen konnte, und überhaupt, jeder hat doch noch irgendwelche Rücklagen. Nee, hat der ALG2ler eben nicht. Es gibt einen "Grundfreibetrag für Erwachsene in Höhe von Lebensalter x 150 € (min 3100 € und max 9750 € ) für jede erwerbsfähige Person in der Bedarfsgemeinschaft und deren Partner(§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II)". Bis man ALG2 kriegt, muss man sein "sauer verdientes Geld" erstmal bis auf diesen Kaffeesatz von Restvermögen ausgeben. Deckt man davon das, was man quasi in der Umstellung über den Satz ausgegeben hat, oder weil man sich eben doch mal nen neuen Kühlschrank kaufen muss, ist auch das schnell weg.

"hartz-iv muss auf 420 euro erhöht werden, und zwar, weil es gerecht ist."
hmm, 70€ mehr. wo werden die hinveranschlagt? aufs essen, weil der warenkorb von 2003 stammt und von der inflation überholt wurde?
und überhaupt, gerecht. gerecht für wen? gerecht in bezug auf was?
gerecht für die indoktrinierten, die solidargemeinschaft in einem atemzug mit gutmenschen und sozialschmarotzer nennen? oder gerecht für die, die bei aller verinnerlichen protestantischen leistungsethik es trotzdem nicht schaffen, wieder in lohn und brot zu kommen und dafür dann wenigstens eine monatskarte für den öpnv kaufen können, um vor all die schönen häuser zu kommen, zu denen sie den eintritt nicht zahlen können?
oder für wen?

"aber die behauptung, man könne davon nicht "überleben", das ist einfach unsinn, und dabei bleibe ich."

Julia, du hast mir den Selbstversuch voraus. Allerdings wurde mir aus deinem Blog nicht klar, wie lang der gedauert hat. Und wie du selbst so schön schriebst, "ich bin es gewöhnt, von wenig Geld zu leben - die meisten Studierenden haben weniger als Hartz-IV". Das ist eine Seite der Medaille. Die andere ist zum Einen, ich benutze deine Worte, "wie achtlos mit Menschen in Not umgegangen wird" und dass zum Anderen eben nicht jeder, der auf ALG2 zurückfällt, gewöhnt ist, mit 'wenig' Geld auszukommen.
Das entfernt sich ein wenig vom reinen Überleben, aber darf meines Erachtens auch nicht unter den Tisch fallen: Zu den wohl meistzitierten Abschreckbeispielen gegen ALG2 wird gern der Ingenieur herangezogen, Mitte-Ende 50, mit dem Bewusstsein einer gesicherten Existenz verliert er den Job, findet altersbedingt keinen neuen mehr und rutscht ins ALG2. Spätestens angesichts der aktuellen Wirtschaftslage sollte einem klar sein, dass das keine rektal abgesonderte Korinthe mehr ist, sondern reale Bedrohung für letztlich jeden, der sich noch in einem sicheren Job glaubt. Der gute Ingengieur muss nun also alle Ersparnisse aufbrauchen, wenn er sich mal ein nettes Häuschen für seine Familie gebaut hat womöglich auch noch das verkaufen (Obergrenze für selbstgenutztes Wohneigentum ~120m²), im Akkord Bewerbungen schreiben und zu Trainingsmaßnahmen einrücken, damit er für die Zeit aus den Statistiken verschwindet. Und sich dabei komplett von allem bisher geführten Leben verabschieden. Hat er ja nicht mehr das Geld für.
Ich kenn auch Gegenbeispiele, die sich hinstellen und sagen, also seit sie ALG2 kriegen, soviel Geld hätten sie noch nie gehabt und das dann auch gleich völlig unreflektiert für alle postulieren, dass das doch dicke genug sei - nur es ist nicht Jedermanns Sache, das Bettchen für das Kind unterm Herzen vom Sperrmüll zu holen. Mir persönlich würd 's grausen, und ergo kann ich mich der Aussage eben auch grade nicht anschließen, wie toll und wie viel Geld das doch ist.
Um aufs reine Überleben zurückzukommen, Clochards (und ich benutze ganz absichtlich einen romantisierenden Begriff) leben wahlweise von weniger oder richtig gut von ALG2, und nach dem Krieg haben die Leute noch ganz anders überlebt, aber war die Grundanforderung an ALG2 wirklich nur die reine Sicherung der ÜBERlebens? Oder sollte da ein Minimum an Einbindung in die Kultur, das gesellschaftliche LEBEN gewahrt bleiben, ein Minimum, dass man nicht gleich als "Hartzie" erkannt wird, oder ganz pathetisch, ein Minimum an Menschenwürde?

Und das alles hier (bis hier schon >2k Wörter) bezieht sich noch nur auf die Höhe des maximal zugestandenen Geldes und noch nicht einmal auf alle anderen unerfreulichen Erscheinungen, die mit HartzIV in Zusammenhang stehen.
Davon hast selbst du, Julia, ansatzweise geschrieben und es auch kritisiert, aber dabei hast du auch nicht deinen persönlichen Elfenbeinturm verlassen. Nur ein Beispiel: Der Antrag. Wer Bafög-Anträge kennt, wahlweise auch Anträge für Wohnberechtigungsscheine,seine Steuer noch von Hand erklärt oder auch nur ein Faible für Formulare hat, der mag mit dem Antrag tatsächlich ganz gut zurechtkommen. Die Frage aber, die man sich doch erst recht stellen muss, wenn man sich in der Politik engagiert, ist doch die: Wird das allen gerecht? Und da kommt auch schon wieder ein klares Nein. Es gibt auch Leute, die verstehen auf Anhieb eine Heizkostenabrechnung, die Mehrheit aber tut es nicht.

So, auch wenn ich mich noch länger über alles Mögliche an und um HartzIV verbreiten könnte, es ist schon wieder frühmorgens. Der Rest folgt bestimmt irgendwann ...

Nochmal Lesebefehle

1. Anna: "Wenn du was sagst, ist es verdächtig, wenn du nichts sagst, ist es noch viel verdächtiger"
Ein Interview über die Zeit vor und nach der Verhaftung von Andrej Holm, Annas Blog und das Leben, mit so einem Verfahren, veränderter Privatsphäre usw.

2. FR: "Hartz IV: Arge darf kein Lohndumping fördern"
(Hier noch ein dauerhafterer Link gleichen Inhalts von der Netzeitung)
Erfrischend. Wird hoffentlich rechtskräftig (bleiben).
Und ich kann mich zurücklehnen mit den alten Spruch: "Ich hab 's doch gesagt, oder zumindest sowas ähnliches"

16.2.09

Lesebefehl

Hier!

14.2.09

Analog

... zum schon althergebrachten Kommentar bzgl. der Erziehung von Kindern mit oder ohne Gewalt - "Mir hat 's auch nicht geschadet" - scheint jetzt das nächste Bashing aufzukommen.

Beim Shopblogger als Kommentar #2 steht da von einer gewissen Julia Seeliger:

"Aber diese Behauptungen, man könne sich von Hartz-IV gar nichts mehr kaufen, geht mir langsam auf den Geist. [...] Bevor hier über neoliberale Leute oder so hergezogen wird (nämlich über mich): Ich bin selbst mit sehr wenig Geld aufgewachsen, viel weniger als Hartz-IV-Kindersatz. Für meine Mutter war das nicht schön, wir Kinder haben nix gemerkt."
Jetzt hat die Guteste sogar ein eigenes Blog und wirkt mal so reingelesen noch gar nicht mal so verkehrt. Das Geblubber über HartzIV krieg ich aber trotzdem nicht auf die Reihe und zudem wirkt einiges doch arg naiv für jemanden mit abgeschlossenem Studium in "technical journalism" und noch dazu Politikerfahrung (laut "about Julia").

Meinen zwei Stammgästen ist meine Meinung bzgl. HartzIV wohl geläufig, für alle anderen in aller Kürze:
HartzIV ist eine enorme Fehlentwicklung und ein Rückschritt hinter bereits erreichte Arbeitnehmerrechte und solidarische Errungenschaften sondergleichen. Das fängt bei den menschenverachtend niedrigen Regelsätzen an - da lege ich doch allen Interessierten Nahe, mal nach "HartzIV regelsatz aufschlüsselung" zu scrooglen oder sich meine erst- und zweitbeste Fundstelle/2. Fundstelle anzuschauen und sich zu überlegen, wie hoch die eigenen regelmäßigen Ausgaben pro Sparte so sind bzw. was das eine oder andere realistisch betrachtet eigentlich tatsächlich kostet -, geht bei den hinten und vorne nicht ausgereiften Gesetzesnormen weiter und hört bei den Maßnahmen zum Statistikenbeschönen nicht auf. Von den ganzen Erpressungen noch ganz abgesehen. Da wird de facto Sklaverei betrieben, wenn sich keiner mehr dagegen wehren darf, für eine läppische so genannte Aufwandsentschädigung, die den Aufwand oft genug nicht mal abdeckt, Arbeiten zu verrichten, die früher regulär Beschäftigte geleistet haben [dazu ist mir ein Fall persönlich bekannt, wo soundsoviele 1-Euro-Stellen eingerichtet wurden - kurz vorher wurde die gleiche Zahl regulärer Stellen abgebaut, ein weiteres Beispiel wo die Verdrängung normaler Arbeit durch 1-Euro-Jobber zumindest vermutet wird, stand letztens in der Frankfurter Rundschau]; da wird der abgewrackte Arbeitsmarkt auf dem Rücken derer ausgetragen, die per Zwang eine "Eingliederungsvereinbarung" unterzeichnen mussten, sich zu soundsovielen Bewerbungen pro Woche/Monat verpflichtet haben, deren Kosten dann wiedermal nicht übernommen werden und von irgendeinem Bestandteil aus dem Regelsatz abgeknappst werden müssen.
Sogar Julia Seeliger wunderte sich doch ein wenig, warum ein HartzIV-ler nicht mehr Freizügigkeit genießt, sondern sich Ortsabwesenheit vom Personal Case Manager genehmigen lassen muss. Dabei leuchtet einem das doch direkt noch ein, mit dem Geld kann man gar nicht herumreisen, wenn das einer doch will, muss sowieso was faul sein ...
Wenn dann obendrein noch gut abgesicherte Leute vom Lohnabstandsgebot faseln und dabei nicht etwa eine Erhöhung der mindestens angebrachten Grund-Sätze im Sinn haben sondern eher eine noch weitere Absenkung des Zugemuteten, hört sich jedes Verständnis bei mir auf.

Ich könnte jetzt auch guten Gewissens, so wie Julia, in mein Blog schreiben, im Prinzip ist HartzIV eine gute und richtige Sache und dann Kritikpunkte aufzählen, wo noch etwas nachgebessert gehört. Letztlich bleibt der Ansatz der Gesetzgebung aber eine Ausgeburt einer menschenverachtenden und rechteignorierenden Grundhaltung und die Korrektur zu einer menschenwürdigen Unterstützung wäre so weitreichend und vor allem auch vom dahinterstehenden Grundgedanken so weit entfernt, dass ich es eben doch nicht tun kann.

Ansonsten empfehle ich Julias Blogbeitrag - und vor allem die Kommentare drunter, da muss ich hier nicht alles wiederkäuen und für meins ausgeben ...

2.2.09

Realitätsbezug: 0

Wie weithin zu lesen war, haben mal wieder ein paar Richter korrigieren müssen, was die politische Kaste so verbrochen hat, diesmal hinsichtlich der Sätze für Kinder, deren Eltern ALG2 beziehen. Ganz Mutter der Nation schaltete sich dann die Familienministerin ein und forderte, die Sätze für Kinder müssen nochmal am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden.

Mal ganz davon abgesehen, dass ich den Mittelteil der Meldung nicht verstehe - die einen ruhen sich ja darauf aus, dass die Sätze demnächst eh um ein paar Brosamen steigen, und die anderen betonen dann ganz groß, dass das ja der komische Koalitionspartner zu verantworten hat, man selbst käme ja nun um nichts in der Welt auf die Idee, da mehr Geld zu verteilen. Öhm. Vielleicht ist da ja was einfach falsch wiedergegeben worden, aber hat da nicht grade ein Gericht geurteilt, dass es so wie es ist, nicht in Ordnung ist? Und dann stellen die sich noch hin und sagen trotzig-beleidigt, wir wollen das aber schon so lassen?

Was mich aber tatsächlich wieder dazu treibt, mich hier drüber zu verbreiten, ist der Schluss der Nachricht.

Von der Leyen betonte, bei der Neufestlegung der Sätze müsse das Lohnabstandsgebot beachtet werden. Erwerbstätige Eltern müssten am Ende mehr Geld im Portemonnaie haben, als wenn sie Hartz IV beziehen. «Denn sonst zementieren wir Kinderarmut, weil der Anreiz, Arbeit aufzunehmen, fehlt», warnte die Ministerin.


Es ist natürlich alles schon zigtausendmal gesagt worden, aber ich kann es immer wieder nicht fassen. Da putzen sie sich mit den absurdesten Mitteln die Statistiken schön, um behaupten zu können, es wären doch gar nicht so viele Leute arbeitslos, um damit natürlich auch gleichzeitig denen, die es "trotzdem" sind, den schwarzen Peter zuzuschieben. Da wehren sie sich mit aller Gewalt gegen alles, was die Vollausbeutung der Lohnsklaven auch nur mildern könnte, und faseln dann von Lohnabstandsgebot. Ist "denen" eigentlich mit einer einzigen Hirnzelle bewusst, dass es erschrecklich viele Leute gibt, die ihre Arbeitsmoral dermaßen gefressen haben, dass sie es mit sich machen lassen, für einen Witz von einem Hungerlohn zu arbeiten, der dann gleich so niedrig ist, dass sie immer noch zum Bezug von Ausgleichsleistungen berechtigt sind, um damit überhaupt ALG2-Niveau erreichen?

Aber das Schlimme daran ist ja nicht, dass es genug verblendete oder womöglich auch einfach nur gut geschmierte Politclowns gibt, die solche Propaganda verbreiten, sondern dass es funktioniert, und das dummgehaltene Volk es auch noch glaubt. Wieder mal graust es mir.

25.1.09

Schnipsel und verhinderte Kommentare

So unbedarft, dass ich mich hinstellen würde und fragen: Was ist eigentlich dieses Twitter bin ich ja dann auch nicht, allein mir fehlt irgendwie immer noch die Einsicht in ... einen auch nur irgendwie gearteten Nutzen. Udo Vetter hat jetzt neuedings immer eine Handvoll Twitter-Messages in seinem Blog stehen, und das ist nicht unamüsant. Trotzdem, mich haben ja schon SMS genervt ;-)
(btw, es ist ja auch irgendwie bezeichnend, wenn man bei dem verlinkten Twitter-Recycling-Beitrag, letzter Unterpunkt, an 129a denkt und sich dann wundert, was Schellack damit zu tun hat ...)

Auch eine innovative Variante einer Beziehungsführung: Auf sich schießen und das dann einfach auf sich beruhen lassen (Fundort). Find ich das jetzt einfach nur gesäßcool oder total bindungsgestört?

Reaktionäre Abgründe habe ich auch mal wieder zielsicher gefunden, was letztlich nicht anders zu erwarten war. Es ist unterm Strich logisch, dass sich unter einer Geschichte wie dieser geschwind eine Meute einfindet, die aus der jugendlichen Mücke gleich mehrere kulturpessimistische Elefanten macht. Dass so große Humanisten wie das, das sich in den Kommentaren dort "St@TiC" nennt, dann auch keine Ahnung haben, was es mit antiautoritärer, selbstregulativer usw. Erziehung auf sich hat, ist genauso berechenbar. Ebenso, dass ich immer noch nicht die innere Ruhe gefunden habe, solcherlei Pöbel einfach unten liegen zu lassen.

Außerdem muss ich noch einen Gruß loslassen und tröstend anmerken, dass das vielleicht kein Schwein, aber doch noch immerhin ein anderer Gelegenheitsblogger gelesen hat. Mir lag ja auch irgendwas in den Fingern, das Debakel da zu kommentieren, aber irgendwie ist es ja auch müßig. Krieg ich nur Sodbrennen, Magendruck, Völlegefühl, und da helfen auch keine keinen Kaubonbons.

4.1.09

Stoßseufzer von links

In letzter Zeit klick ich mich immer mal wieder durch das, was die örtliche und überregionale linke Szene so im Internet verbricht, und verzweifle doch immer wieder. Letztens mündete mein Entsetzen in dem Ausruf: "Sperr fünf linksradikale in einen Raum und sie gründen sieben Splittergruppen!" Da tummeln sich fröhlich Anti-Dies, Anti-Das, Anti-Jenes und zu den meisten noch die passenden Anti-Antis, wurschteln im besten Fall redundant nebeneinander her, und enden doch meistens im gegenseitigen Bashing und empört-theatralischer Selbstauflösung um aus den verbliebenen vier Mitgliedern mindestens zwei neue Aktionsgruppen zu gründen.

Die ganze Energie, die da verschwendet wird ... na so naiv, dass man mit der schon die Revolution hätte durchziehen können, bin ich dann auch nicht ;-) - aber sie wäre sicherlich anderswo besser angelegt als in verzweifelten Selbstzerfleischungskämpfen.

Am Ende vom Lied bin ich u.a. deswegen autonomer Anarchist (sic!) - autonom neben der gängigen Bedeutung auch im wortwörtlichen Sinne und zwar deshalb, weil ich meine Position für mich selbst definiere und nicht an irgendwelchen Initiativgruppen. Ich hab keine Angst, meinen Standpunkt darzulegen und bin, denke ich, rethorisch eloquent und zur Not auch stur genug, ihn zu behaupten, jedenfalls scheue ich nicht, dass ihn jemand in der Luft zerreißt, selbst wenn ich kein ausgeklügeltes Manifest im Hinterkopf habe. Aber die Vorstellung, optimistisch oder auch skeptisch in so eine Runde Vollspacken zu geraten, die sich vordergründig was auf die Fahnen malen, zu dem ich auch stehen will, und die dann doch nur jedwede Bissigkeit ausleben müssen um ja dem radikalen Anspruch an sich selbst genüge zu leisten, davor gruselt mir so sehr, dass ich schon gar keine Lust mehr auf irgendwelche Grüppchen habe. Davor ekelt mich so sehr, dass ich meine Überzeugung da gar nicht hintragen will, auf dass sie nicht beschmutzt werde.

Allein schon die völlig verkrampfte Geschlechtsneutralität mit all ihren Auswirkungen von $Sonstwasse/innen über $SonstwassInnen bis hin zum mir erst jüngst begegneten $Sonstwasse_innen, das, so war zu lesen, auch noch den Transgender-Bereich mit einschließen soll - ich kann da nur den Kopf schütteln. Ich bin ja selbst doch ziemlich offenkundig 'ne Frau, und reagiere durchaus spitzfindig auf diverse Unterschlagungen von weiblichen Formen geschweigedenn Interessen, aber das find ich einfach nur peinlich. Aufrechte aus dem antisexistischen Lager (ha, um jede neutrale Form herumgeschrieben, ätsch!) behaupten an der Stelle sicher, ich sei nur vom patriarchalischen Diktat verblendet, aber ich fühle mich doch in einem Text nicht weniger angesprochen, nur weil da durchgängig die männliche Form verwendet wird. Im Gegenteil bezeichne ich mich selbst lieber mit der männlichen Form, weil das komische Anhängsel "in" doch irgendwie das fünfte Rad am Wort ist. Dabei schwingt auch irgendwas mit zwischen einem minderwertigen Gefühl und einer Entschuldigung fürs nicht Perfekte bei der "in"-Form mit, und nur da würde ich mir den Vorwurf noch gefallen lassen, doch verblendet zu sein. So ganz auseinanderklamüsern kann ich es jedenfalls nicht, wo das Gefühl herkommt. Die krampfhafte Neutralformulierung spielt dabei aber konkret auch eine Rolle. Anyway, Kunden vereinbarten früher oft mal einen Termin mit dem "Herrn" Asynchron, um dann ganz beschämt zusammenzuzucken, wenn ich aufkreuzte - war halt ein Job, bei dem man nicht unbedingt dachte, dass eine Frau ihn erledigen werde. Aber das hat mich doch nicht gestört, im Gegenteil. Die Arbeit wurde schmunzelnd erledigt, und dann ging ich mit der Gewissheit weg, dass der mich erstens nicht so schnell vergessen und zweitens anderen Kolleginnen gegenüber mal eine andere Einstellung an den Tag legen wird.

Und dann die Geschichte mit den Klamotten bzw. speziell dem einen bestimmten, zuletzt auch mainstreammodisch ausgebeuteten Accessoire. Dazu hab ich selbst schon mal vorsichtig was geschrieben, Woschod hat noch viel feinere Links dazu. Dem füg ich gar nicht mehr viel hinzu, nur das: Wer meint, meine politische Einstellung bzw. Correctness an dem festmachen zu können, was ich mir nach Tageslaune an den Körper bzw. in dem Fall den Hals hänge, glaubt auch, kriminelle Neigungen oder ethnische Abstammung an körperlichen Merkmalen festmachen zu können.

Naja. So könnt ich noch stundenlang weiterschrieben und jedem Extrakorrektradikalen sein Fett verpassen, aber die Beschwerde muss jetzt erstmal wieder genügen. Hey, es ist fünf Uhr früh ...